Von Kindheit an, wurde mir eingeredet, dass es nicht gut ist Fehler zu machen. Bereits in der Schule galten Fehler als schlecht. Kein Wunder, denn man wurde ja ständig bewertet. Noten basieren eben darauf, wie viele Fehler man macht. Desto weniger Fehler, desto besser die Note. Zu viele Fehler führen eben zu schlechten Benotungen. Eigentlich sind Fehler gänzlich immer nur etwas Schlechtes, was es zu vermeiden gilt. Wer Fehler macht, ist nicht gut. Ich habe früher immer gedacht, dass ich Fehler vermeiden sollte. Ist mir dann doch einer mal unterlaufen, habe ich mich schlecht gefühlt und minderwertig. Ich habe Fehler machen immer mit meinem Selbstwertgefühl verbunden, habe alles Mögliche getan, um Fehler nicht aufkommen zu lassen.
Dabei ist es doch aber wichtig, Fehler zu machen.
Ich denke auch, dass es einfach das Normalste auf der Welt ist. Perfektion, das
gibt es weder in der Natur noch beim Menschen. Es gibt nichts, was perfekt ist.
Außerdem machen Menschen ständig Fehler, eben weil sie nicht perfekt sind.
Fehler gehören zur Natur dazu. Bzw. Fehler sind eigentlich etwas Künstliches,
nur vom Menschen geschaffen, weil nur der Mensch zwischen „gut“ und „schlecht“
und „richtig“ und „falsch“ unterscheidet. Es sind Werturteile, nach denen sich
auch Fehler richten. Was bedeutet überhaupt Fehler? Ein Fehler ist etwas, was
nicht korrekt ist, nicht der Norm entspricht. Etwas, was nicht anerkannt wird,
was vermieden wird. Ich mache etwas nicht richtig, nicht so, wie es von mir
erwartet ist. Fehler basieren als auf einem kollektiven Einverständnis, auf
kollektive Normen und Werte.
Man hat solche Angst davor Fehler zu machen, weil
Fehler von der Gesellschaft geahndet und dann entsprechend sanktioniert werden.
Es ist der soziale Umgang und die Sichtweise der Öffentlichkeit, die unser
Verständnis von Fehlern prägen. Nur dadurch empfinden wir sie als nicht gut.
Wir wollen keine Fehler machen, weil wir alles gut machen wollen. Wir wollen
nicht bestraft werden. Wir wollen gute Leistung zeigen, Erfolge feiern und
Anerkennung erhalten. Doch wenn wir Fehler begehen, passiert genau das
Gegenteil. Wir zeigen, dass uns etwas nicht geglückt ist, dass wir etwas nicht
Gutes getan haben. Wir zeigen Misserfolge, die erheblich an unserem
Selbstwertgefühl nagen. Wir bekommen keine Wertschätzung, sondern
Missbilligung. Es zeigt sich also, dass es genug Gründe gibt, die gegen Fehler
sprechen. Doch das ist nur eine Seite der Medaille.
Wenn ich so darüber nachdenke, sind Fehler
eigentlich nur aus Sichtweise der anderen schlecht. Wenn es darum geht Fehler
in Relation zu anderen Mitmenschen zu sehen, wirken Fehler nicht wirklich gut.
Doch wie sieht es mit Fehlern in Verbindung zu mir selbst und meiner
Entwicklung aus? Mir ist klar, dass man die beiden Relationen nicht voneinander
trennen kann und sollte. Sie gehören zueinander. Doch ich muss differenzieren
und möchte Fehler nicht als nur Negatives ansehen, denn sie haben so einige
positive Aspekte, auf die ich jetzt eingehen möchte.
Aus Fehlern lernt man
Zuallererst ist es wichtig zu erkennen, dass
Fehler einfach normal sind für jeden Menschen in jeder Phase und bei jeder
Entwicklung. Jeder fängt mal klein an, das kennt auch jeder. Man ist nicht als
Meister vom Himmel gefallen, sondern trainiert sich Dinge hart an, erwirbt
neues Wissen, irrt sich auch mal und macht etwas falsch. Fehler machen ist ein
normaler Lernprozess. Keiner kann von Anfang an alles. Ich finde Fehler machen
auch wichtig, damit man seine eigenen Erfolge und Fortschritte sieht und
anerkennt. Es ist in erster Linie nicht schlimm, Fehler zu machen, es ist
bedeutend schwerwiegender gar nichts zu tun und passiv zu bleiben. So verwehrt
man sich jeglicher Entwicklungschancen. Wer hinfällt, steht dann eben einfach
wieder auf, das ist normal. Man sollte Fehler nicht als etwas sehen, was einem
schlecht bekommt. Fehler einfach mal aus einer anderen Perspektive betrachten
und sich sagen, dass man aus ihnen etwas gewinnen kann. Wer keine Fehler macht,
kann auch nicht lernen. Sich Vorwürfe und ein schlechtes Gewissen zu machen,
sich selbst zu kritisieren und abzuwerten, aufgrund eines Fehlers in
kontraproduktiv. Besser ist es in Fehlern Chancen zu sehen, es das nächste Mal
besser zu machen. Seine Fehler zu analysieren, zu schauen, was schief ging und
wie man das vermeiden kann, zeigt doch, dass Fehler wertvolle Anreize für das
Lernen bietet.
Fehler festigen Mut und Selbstvertrauen
Wir tun so vieles nicht, weil wir Angst vor
Fehlern und Scheitern haben. Inzwischen zeigt sich aber die Tendenz, dass man
immer offener für beides wird. In sogenannten „Fuck-Up-Nights“ erzählen
verschiedene Menschen, Business-Leute,
wie sie etwas begonnen und dann spektakulär damit gescheitert sind. So etwas öffentlich
zu machen vor versammelter Mannschaft zeugt von sehr viel Mut und
Selbstvertrauen. Wir unterlassen so vieles, weil wir nicht sicher sind, ob es
das Richtige ist. Aber woher sollen wir das wissen, wenn wir es nicht
ausprobieren. Es wird niemals sicher sein und man wird vor Fehlern nie gefeit
sein. Aber das ist auch okay. Denn wenn man seine Einstellung zu Fehlern
überdenkt, sie nicht mehr als Negatives vermeiden will, sondern als etwas
Positives und Selbstverständliches, dann wird man auch nicht mehr vor Risiken
scheuen, sondern sich sagen: „Shit happens!“ Hauptsache überhaupt
Entscheidungen treffen und handeln, das ist immer noch besser als nichtszutun
und nicht zu wissen, was man dadurch verpasst hat.
Es sind eher die Dinge, die wir nicht tun, als die
Dinge, die wir falsch machen, denn aus denen können wir wenigstens noch etwas
mitnehmen. Es kann immer schief gehen, aber sich durch diese Angst vor Fehlern
dann wertvolle Chancen zu nehmen, das ist eher das, was man sich vorwerfen
sollte. Außerdem stärkt es auch ungemein den Mut, wenn man immer wieder etwas
Unsicheres versucht oder mit Absicht Fehler begeht. Mit der Zeit verschwindet
die Angst, weil es einfach normal wird, etwas Falsches zu tun. Man fühlt sich
stärker und weiß, dass einem nichts passieren kann.
Auch die Angst davor, etwas zu Scheitern kann ich
zwar nachvollziehen, aber sie sollte uns nicht in unserem Verhalten
einschränken. Scheitern ist immer eine Option, die man in Betracht ziehen
sollte. Es bedeutet nicht, dass man nichts wert ist oder auf die Reihe kriegt,
manchmal passiert eben so etwas. Und gerade dann ist es wichtig sich zu sagen,
„Hey man hat es versucht, aber es ist nichts geworden, Schwamm drüber!“ Wenn
man immer wieder wie beim Lernen etwas probiert und weiter daran bleibt, dann
stärkt man seine Selbstwirksamkeit und auch seine Ausdauer. So ergeht es doch
jeden, der etwas Neues lernt. Selbst Babys, die versuchen das laufen zu lernen,
würden es nicht schaffen, wenn sie nicht immer wieder zu Boden fallen und dann
wieder aufstehen. Durch Fehler machen und Scheitrn lernen wir mit Misserfolgen
umzugehen und gewinnen immer wieder neue Stärke, weiter zu kämpfen. Sie stärken
also unseren Durchhaltewillen.
Fehler einzugestehen zeugt von Stärke
Ich finde, dass es auch nicht unbedingt
erstrebenswert ist alles richtig zu machen und wenn man Fehler begangen hat, zu
versuchen sie zu vertuschen. Es ist eher eine Schwäche, wenn man nicht zu
seinen Fehlern stehen kann. Natürlich ist es schwer zu erkennen und auch zu
gestehen, dass man etwas nicht gut gemacht hat oder gewisse Schwächen hat. Aber
ich finde es ist wichtig, damit man im nächsten Schritt dann daraus lernt. Wie
soll man daraus etwas gewinnen, wenn man es verleugnet? Ja man hat etwas nicht
richtig gemacht. Dann sollte man als nächstes sich nicht fertig machen
deswegen, sondern überlegen, was man besser machen kann.
Fehler zeigen mir, welche Wege nicht funktionieren
Fehler zu machen, bedeutet auch, die Wege und
Möglichkeiten zu erkennen, die nicht funktionieren. So ähnlich ging glaube ich
ein Sprichwort einer bekannten Persönlichkeit. Da fragt man sich natürlich, was
mir das bringen soll, zu wissen, wie es nicht klappt. Man kann so das alles
umkehren und sich von diesen Möglichkeiten herleiten, wie es dann funktionieren
kann. So hat man sich also die unendlich erscheinenden Möglichkeiten und
Alternativen dann schon einmal selektiert und den Weizen von der Spreu
getrennt. Dadurch gewinnt man mehr Überblick und Orientierung. Wie schon
erwähnt, man lernt aus Fehlern und weiß demnach immer, wie man es danach nicht
mehr machen würde, weil man diesen einen falschen Weg bereits gegangen ist.
Fehler zeigen mir meine Entwicklungspotenziale und
bringen mich weiter
Ich sage mal so, jeder findet es toll, wenn er
gelobt wird und Komplimente erhält. Das stärkt das Ego und man fühlt sich wie
ein König. Doch mal ernst, was bringt es einem, wenn man immer nur gelobt und
geschätzt wird, außer, dass man sich gut fühlt? Für die eigene Entwicklung ist
es nicht so wichtig, wie Fehler machen und Scheitern. Ja man erhält eine
gewisse Motivation weiter dran zu bleiben und feiert Erfolge, das stärkt das
Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, keine Frage. Aber es ist doch eher so,
dass Kritik und Fehler machen, einen bei der Entwicklung mehr fördern als jedes
Lob. Und wenn ich dann gelobt werde, für etwas, was eigentlich nicht lobenswert
ist, hilft mir das nicht weiter. Ich täusche mich dadurch nur selbst und
schütze mich, aber ich erkenne eben nicht meine Schwächen und kann nicht daran
arbeiten. Fehler zu machen ist wichtig, um sich seiner Schwächen bewusst zu
werden. Zu erkennen, dass einige Dinge nicht so gut laufen und verbessert
werden sollten. Wenn man Fehler macht und sich diese eingesteht, kann man auch
seiner eigenen Kritikfähigkeit üben. Fehler helfen mir dabei, der Mensch zu
werden, der ich sein will. Sie geben mir Hinweise, welche Reserven ich habe und
wie ich es besser machen kann.
Dies soll also allgemein zu Fehlern und Scheitern
genügen. Anlass für diesen Text ist mein Gutachten zu meiner Masterarbeit, die
nicht so bewertet wurde, wie ich es mir erhofft hat. Und da wurde mir wieder
bewusst, wie schlecht ich mit Kritik umgehen kann. Ich empfinde Kritik dann als
eine Art persönlichen Angriff, es wertet mein Selbstwertgefühl, ich zweifel an
meinen Fähigkeiten. Natürlich mag niemand Kritik hören, aber ich sollte mir
bewusst machen, dass es zum Leben dazu gehört und es nicht bedeutet, dass ich
deswegen nichts wert bin, das hat mit meinem Wert nichts zu tun. Es fällt mir
schwer, objektiv zu bleiben, wenn ich mir die Gutachten durchlese. Ich neige
dazu mich selbst fertig zu machen, obwohl aber gleichzeitig von beiden
Betreuern erkannt wurde, welche Fähighkeiten in mir stecken. Ich nehme die
positive Kritik niht so wahr wie die negative, was auch menschlich
evolutionsbedingt ist, weil man eher daraus lernen soll und Gefahren und
Schmerz vermieden werden sollen, weswegen sich das mehr einprägt als das
Positive. Doch ich habe ja etwas Besseres erwartet und bin deswegen enttäuscht,
dass es nur eine 2,3 geworden ist, obwohl ich mir so viel Mühe gegeben habe.
Außerdem verletzt es mich, dass es vor allem an
den sprachlichen und formalen Dingen, bei denen ich dachte, dass sie gut genug
sind, hing, die meine Note so herunter gebracht haben. Aber eine 2,3 ist immer
noch eine zwei, ein Gut und es besteht die Möglichkeit, dass ich mich mündlich
noch einmal bessern kann. Ich merke, wie ich zu sehr an der Bewertung und
Kritik hänge, statt zu analysieren, warum es eben nur eine 2,3 geworden ist und
wie ich dies verbessern kann. Ich sollte mich von dem Problem lösen und den
Lösungen widmen und die Kritik nicht als Abwertung, sondern als Möglichkeit
ansehen, mich zu verbessern. Beide Betreuer meinen es nicht böse mit mir, im
Gegenteil, sie haben alles kritisch wie nötig bewertet, um mir bei meiner
wissenschaftlichen Arbeit zu helfen, indem sie mir meine Schwachstellen
aufzeigen. Sie wollen mich nicht fertig machen, sondern mit etwas auf meinem
Weg mitgeben und sehen beide, dass ich mehr kann als das. Das gibt mir schon etwas
mehr Hoffnung. Ich muss mir selbst auch eingestehen, dass ich einiges falsch
gemacht habe. Das fällt mir schwer und tut auch weh, weil ich sonst jemand bin,
der alles gut macht und sorgfältig, aber meine Arbeit hat mir bewiesen, dass es
doch nicht so ist. Ich muss dadurch meine eigenen Glaubenssätze und die
Vorstellung von meiner eigenen Arbeitsweise überdenken. Auch dass ich doch
sprachlich einige Reserven habe, wusste ich, aber das zeigt mir doch, dass ich
noch einiges lernen und an mir selbst arbeiten muss.
Jetzt sollte ich mich darauf konzentrieren, wie
ich meine Probleme lösen kann und aus den Fehlern lernen kann. Es ist wichtig,
dass man sie anerkannt und darüber reflektieren kann. Auch das sit eine starke
Leistung, die ich noch beweisen kann. Hier kann ich noch zeigen, dass ich mehr
kann als ich gezeigt habe. Ich sollte also nicht so pessimistisch sein. Ich
kann meine Fehler nicht ändern, aber ich kann meine Zukunft beeinflussen und
aus den Fehlern lernen und es beim nächsten Mal besser machen. Ich sollte mich
auch emotional davon distanzieren und einfach eingestehen, dass ich Schwächen
gezeigt habe. Es ist eben so, dass kann ich nicht ändern. Ich muss lernen
loszulassen und in die Zukunft zu schauen. Vor allem auch Kritik nicht
persönlich zu nehmen, denn auch wenn ich Fehler begehe oder scheitere, ändert
das nichts an meinem eigenen Wert und dass ich ein toller Mensch bin.
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